» aktuelles/Über 1000 Studierende beschließen Proteste
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An der Vollversammlung am Mittwoch im AUDIMAX nahmen über 1000 Studierende teil. Damit handelte es sich um die größte Vollversammlung seit dem Hochschulstreik 1997!
Es sprachen Martin Bär (AStA), Arne Karrasch (Aktion gegen Bildungsabbau), Christine Scholz (fzs) und Jan Engel (VeFa). Ein Vertreter der HU Berlin sprach Grußworte und berichtete über den dortigen Streik.
Der AStA-Vorsitzende Martin Bär kritisierte die herrschende Politik in Land und Bund in aller Schärfe und rief zu einem Umdenken auf. Es könne nicht angehen, dass man durch eine einseitige Steuerpolitik und ideologische Strukturentscheidungen (zb Hochschulgesetzgebung, Stichwort: Entdemokratisierung) Öffentliche Güter und das demokratische Gemeinwesen insgesamt gefährde. Die Hochschulen müssten sich nun nicht nur verteidigen, sondern auch ihre gesellschaftliche Verantwortung übernehmen und sich zu den politischen Grundsatzfragen positionieren.
Die Studierenden rief er auf, sich an einem Bildungs- und Sozialwahlkampf 2004 zu beteiligen, wo man gemeinsam mit Gewerkschaften, Arbeitsloseninitiativen, Kirchen, SchülerInnen und anderen Akteuren der Bildungs- und Sozialpolitik zu einer starken Lobby für eine neue Politik formieren wolle.
Arne Karrasch und Christine Scholz stellten die konkrete Situation an der Uni, im Land und im Bund dar. Der Uni fehlen zum Beispiel 8,5 Millionen Euro im Haushalt 2004 (trotz Aufwuchs der Zuweisungen, die hauptsächlich für Tariferhöhungen verwendet werden).
Jan Engel schließlich mobilsierte die Studierenden zum konkreten Protest jetzt und hier. Die geplanten Proteste findet ihr im Protestplan.
Schließlich stimmten die versammelten Studierenden mit übergroßer Mehrheit für die Resolution, sahen aber keine Veranlassung, sich noch in diesem Jahr in einen Streik zu begeben. Der Streikantrag wurde mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.
Die Resolution:
„In zahlreichen Bundesländern in Deutschland sowie in europäischen
Nachbarstaaten protestieren Angehörige von Hochschulen momentan gegen die
finanziellen Kürzungen und strukturellen Änderungen, mit denen der
Bildungssektor konfrontiert wird. Die Studierendenschaft der Universität Potsdam
erklärt sich hiermit solidarisch mit den stattfindenden Protesten. Das hohe
persönliche Engagement zahlreicher Kommilitoninnen und Kommilitonen sowie von
Lehrenden im Kampf gegen Bildungsabbau kann in Anbetracht der Reformen, die in
die Wege geleitet wurden, und der daraus erwachsenen Konsequenzen gar nicht hoch genug geschätzt werden.
Die Studierendenschaft der Universität Potsdam betrachtet Bildung als eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir lehnen einen Verteilungskampf zwischen den
einzelnen Ebenen und Institutionen (zum Beispiel Kindergärten vs. Hochschulen)
entschieden ab. Wir treten daher ein für mehr Ressourcen für den gesamten
Bildungsbereich. Ohne Bildung keine Zukunft.
Bei dem Blick vor die eigene Haustür erkennen wir an, dass die Brandenburgische
Landesregierung bei der aktuellen Novellierung des Hochschulgesetzes keine
Initiative ergriffen hat, ein weiterführendes Studiengebührenmodell in Brandenburg zu implementieren. Dadurch hebt sich die Landesregierung positiv von anderen Bundesländern ab. Nichtsdestotrotz kritisieren wir weiterhin die Rückmelde- und Immatrikulationsgebühr in Höhe von 51,13 Euro, die fraglos eine Form von Studiengebühren darstellen.
Ebenso wird anerkannt, dass 3500 neue Studienplätze in Brandenburg in den
nächsten vier Jahren geschaffen werden sollen, der Hochschuletat im Jahr 2004
wächst und somit von den allgemeinen Haushaltskürzungen ausgenommen wird. Jedoch ist diese Erhöhung des Etats bei Weitem nicht zufrieden stellend, denn auch 2004 werden die Fakultäten der Universität Potsdam in hohem Maße unterfinanziert sein.
Angesichts dieser Situation vor Ort reichen nach Ansicht der Studierendenschaft
der Universität Potsdam die angekündigten Maßnahmen nicht aus, um eine qualitativ hochwertige Lehre und Forschung an den Hochschulen zu gewährleisten.
Wir fordern deshalb von der Brandenburgischen Landesregierung:
* Die gesetzliche Verankerung der Gebührenfreiheit für sämtliche
Studiengänge: Nein zu Studiengebühren!
* Die Streichung der Rückmelde- und Immatrikulationsgebühr in Höhe von 51,13
Euro, verbunden mit der Rückerstattung bereits erfolgter Zahlungen seit der
Einführung im Sommersemester 2001.
* Eine bedarfsorientierte 100%ige Ausfinanzierung der Lehre.
* Eine Demokratisierung der Hochschulen unter Einbindung aller Hochschulangehörigen.
* Eine ergebnisoffene, gesamtgesellschaftliche Debatte über die Zukunft von
Bildung.
* Einen freien Hochschulzugang für alle Studierwilligen mit Hochschulzugangsberechtigung. Die Auswahl der Studierenden darf nicht sozialen,
subjektiven oder kapazitätsgebundenen Kriterien unterliegen.
* Eine 100%ige Durchlässigkeit beim Übergang von Bachelor- in
Masterstudiengänge. Das BA/MA-System soll andere Studienabschlüsse nicht
ersetzen, sondern ergänzen.
* Eine verstärkte Förderung sozial benachteiligter Schichten in Schule und
Hochschule.
* Einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte an wissenschaftlichen
Einrichtungen sowie die Anhebung der Gehälter der Beschäftigten an den
Hochschulen auf das West-Niveau.
* Eine Studienstruktur, die Rücksicht auf spezifische studentische
Lebensumstände nimmt und individuelle Bildungsbiographien zulässt. Kein
Belegpunktesystem.
* Die Rücknahme der Kürzungen bei den Studentenwerken.
* Sich einzusetzen für den Rechtsanspruch auf eine elternunabhängige,
bedarfsorientierte Finanzierung des Studiums.
Die Vollversammlung ruft deswegen alle Angehörigen der Potsdamer Hochschulen
dazu auf, am morgigen Donnerstag, den 11.12.2003, diese Forderungen öffentlich
zu vertreten, indem sie sich an stattfindenden Aktionen in ganz Potsdam
beteiligen und auf „normale“ Lehrveranstaltungen einmalig verzichten. Des
Weiteren werden alle Angehörigen der Hochschulen aufgefordert, an den
Großdemonstrationen gegen Bildungsabbau am Samstag, den 13.12.2003 entweder in Berlin, Leipzig oder Frankfurt/ Main teilzunehmen.“
Frank Richarz [11. Dezember 2003]
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