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» presse/PM: Brandenburgischer Geheimdienst beobachtet Einrichtungen der Studierendenschaft und Studierende



Wie im Dezember 2013 bekannt wurde, beobachtet der als „Verfassungsschutz“ bezeichnete Geheimdienst des Landes Brandenburg Potsdamer Studierende und Einrichtungen der Studierendenschaft. Mindestens einen Studierenden der Potsdamer Universität beobachtete der „Verfassungsschutz“ über mehrere Jahre.

Dieser Studierende stellte im April 2013 einen Antrag auf Auskunftserteilung. Vier Monate später wurde ihm ein Auszug aus seiner Akte zugesandt. Diese soll laut Auskunftsschreiben, neben einigen personenbezogenen Daten, auch „Erkenntnisse“ zur Teilnahme an Veranstaltungen enthalten. Der Bescheid des Geheimdienstes enthält den Hinweis, dass weitere Auskunft aufgrund von Quellenschutz verweigert wird.

Eine der Veranstaltungen fand am 19.06.2010 im Studentischen Kulturzentrum KuZe statt. Das KuZe ist ein Projekt der Studierendenschaft der Universität Potsdam, einer Teilkörperschaft des öffentlichen Rechts, das Freiräume für Kunst und Kultur bietet. Auf satirisch-kritische Art und Weise wurde damals der „Verfassungsschutzbericht“ vorgestellt. Im Vorfeld der Veranstaltung schickte der „Verfassungsschutz“ ein Päckchen an das KuZe. Dieses enthielt unter anderem Kugelschreiber, Schlüsselbänder und einige Ausgaben des damaligen „Verfassungsschutzbericht“. Im beiliegenden Anschreiben (liegt dem AStA vor) wurde die Beschäftigung mit der Institution des „Verfassungsschutz“ explizit gelobt. Heiko Homburg, damaliger Pressesprecher des Geheimdienstes, schrieb: „Wir wünschen den Teilnehmern Erkenntnis über und Verständnis für die Funktionsweise des demokratischen Rechtsstaates. Ebenso freuen wir uns in diesem Sinne auf die hoffentlich guten Ergebnisse der Veranstaltung.“ Ein durchaus zynische Äußerung, fand doch eine Überwachung der Veranstaltung durch den Geheimdienst statt.

Eine weitere in der Auskunftserteilung aufgeführte Veranstaltung ist die „Spenden-Gala“ der Gisela-Müller-Kampagne „gegen Rechtspopulismus in der CDU“. Diese fand auf dem Gelände des FreiLand statt, eine ebenfalls durch die Studierendenschaft und die Stadt Potsdam unterstütze Einrichtung der kulturellen Jugendarbeit. Die „Spenden-Gala“ bestand aus einem „Gala-Dinner“ und kulturellen Beiträgen sowie einer anschließenden Party.
Offenbar läuft jede und jeder, der diese oder eine andere durch die Studierendenschaft geförderte Veranstaltung besuchte, Gefahr, vom „Verfassungsschutz“ beobachtet zu werden.
Weiterhin wird eine Weihnachtsfeier am 24.12.2011 in einem Wohnprojekt aufgeführt. Woraus sich die Notwendigkeit der Beobachtung einer solchen Veranstaltung ergibt, erschließt sich uns als Vertreter_innen der Studierendenschaft nicht. Deutlich wird dadurch aber, dass es für eine Akte beim „Verfassungsschutz“ kein explizites politisches Engagement oder konkreten Anlass braucht.

Der AStA der Universität Potsdam verurteilt die Beobachtung von studentischen Projekten und Veranstaltungen und fordert, diese umgehend einzustellen. AStA-Referent Paul Möller erklärt dazu: „Es ist verwunderlich und traurig zugleich, dass der brandenburgische Geheimdienst, einen Monat nach Bekanntwerden der Taten des NSU, nichts besseres zu tun hat, als eine Weihnachtsfeier und ihre Besucherinnen in Potsdam zu bespitzeln. Es scheint, dass der „Verfassungsschutz“ besonders ihm gegenüber kritische Menschen und Veranstaltungen beobachtet. Das Führen einer Akte kann ich nur als Einschüchterungsversuch bezeichnen. Wir fordern die Landesregierung auf, die Notwendigkeit eines „Verfassungsschutz“ zu überprüfen und die für diesen eingeplanten Gelder in Bildungsprojekte zu investieren, die eine tatsächliche demokratische Beteiligung und Bildung fördern.“

Der AStA ermuntert alle Studierenden, selbst einen Antrag auf Auskunftserteilung zu stellen und gemeinsam diesen undemokratischen Repressionsversuchen entgegenzuwirken. Anscheinend können nur so die Machenschaften des Geheimdienstes aufgedeckt werden.

Weitere Informationen zum oben genanntem Fall sind auf http://vsgeschichten.tumblr.com zu finden.

Pressemitteilung des FreiLand
Pressemitteilung der Ver.Di Jugend

Um auf die Aktivitäten des „Verfassungsschutzes“ hinzuweisen, hat der AStA zusammen mit dem Spartacus Potsdam die Theatergruppe „NÖ-Theater“ aus Köln eingeladen. In ihrem Theaterstück „V wie Verfassungsschutz“ werden die Verstrickungen des deutschen Inlandsgeheimdienstes mit dem NSU beleuchtet, die „fünf peinlichsten Fälle für den Verfassungsschutz“ neben den Pannen mit prostitutionsähnlichen V-Mann-Praktiken inszeniert.
Die Kölner Theatertruppe hebt für uns den Zeigefinger und sagt: V wie… Vertuschung, V wie… Verzweiflung – V wie… Versagen.

Das Theaterstück wird am 6. Mai 2014 um 20 Uhr im Spartacus auf dem FreiLand-Gelände aufgeführt.
Karten können unter vs.veranstaltungen@posteo.de bestellt werden. Diese müssen bis 19.30 Uhr abgeholt werden.
Der Eintritt kostet 5€.

weitere Infos unter:
www.spartacus-potsdam.de
www.rotespotsdam.tk/termin.php?ID=1533
www.reflexmagazin.de/2013/06/28/wenn-einem-das-lachen-im-halse-stecken-bleibt/

Martin Grothe  [5. Mai 2014]

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